Der Ausdruck Eierlegende Wollmilchsau (kurz ELWMS) hat sich zu einem fast schon unverzichtbaren Begriff im Umfeld der Medizininformatik und Krankenhaussoftware entwickelt. Doch was genau steckt hinter diesem Mythos des perfekten digitalen Helfers im Krankenhaus? Ist es nur ein Hirngespinst, ein Traum, der uns alle nachts in den Wahnsinn treibt? Oder gibt es sie tatsächlich, diese sagenumwobene, alleskönnende Lösung, die keine Wünsche offenlässt? Lassen Sie uns dieser Frage auf den Grund gehen – mit einer ordentlichen Portion Ironie, versteht sich.
Die ELWMS (Lat.: Vellus lactes Porca aus der Familie Ovi tradens) war in Österreich – glaubt man alten Mythen und den verblassten Schriften diverser KIS-Berater – vor noch wenigen Jahrzehnten weit verbreitet. Es handelt sich dabei um eine fabelhafte Kreatur, die alle nur denkbaren Vorteile in sich vereint und schlichtweg alles kann: Ein Hybridwesen, das die besten Eigenschaften verschiedener Tierarten in sich trägt, nämlich von:
- Huhn (legt täglich perfekte Datenpakete ohne jegliche Fehler),
- Schaf (schneidet sich regelmäßig selbst die redundanten Prozesse weg und ist dabei noch freundlich),
- Kuh (liefert ununterbrochen frische Datenströme – so rein wie Milch direkt von der Weide),
- Schwein (frisst Unmengen an Fehlern und stößt am Ende nur perfekte Lösungen aus).
Man stelle sich das vor! Eine Software, die alles, wirklich ALLES für uns erledigt. Patientenakten verwalten, Medikamente dosieren, OP-Pläne optimieren, Personalpläne aufstellen – und nebenbei noch den Kaffeeautomaten am Laufen hält. Ein Traum für alle IT-Verantwortlichen und Ärzte im Gesundheitswesen. Oder etwa nicht?
Tja, die Realität hat da, wie so oft, ihre eigenen Regeln. KIS-Systeme (Krankenhausinformationssysteme) sind heute weit davon entfernt, eine ELWMS zu sein. Obwohl viele Anbieter behaupten, genau das zu liefern – eine Lösung, die alle Bedürfnisse der Pflegekräfte, Ärzte, Verwaltung und nicht zuletzt der Patienten befriedigt. Es gibt ein berühmtes Sprichwort unter IT-Leuten: „Wenn du denkst, dein KIS kann alles, dann hast du nicht genau genug hingeschaut.“
Tatsächlich sieht es oft eher so aus: Das KIS kann Dokumentationen hervorragend abbilden – solange der Anwender über sieben Umwege, diverse Updates und eine extra Excel-Tabelle die fehlenden Felder ergänzt. Das Personalmanagement-Modul soll die Dienstpläne optimieren, endet aber oft damit, dass in den Hauptstoßzeiten nur noch Praktikanten und der Pförtner im Dienst sind. Die Medikamentenverwaltung? Funktioniert super – wenn man den Barcode exakt im 45-Grad-Winkel an den Scanner hält, während man gleichzeitig den Patienten beruhigt und mit dem anderen Arm die Infusion überprüft. Ach ja, und der Kaffee? Der bleibt kalt.
Das Dilemma der Medizininformatik ist also wie folgt: Einerseits will man eine All-in-One-Lösung, die wirklich alles kann – schließlich sind Budgets knapp, und es gibt weder Zeit noch Nerven für zig verschiedene Systeme. Andererseits sind die Ansprüche an solche Systeme so hoch, dass jede Software zwangsläufig scheitern muss.
Die große Frage ist also: Brauchen wir wirklich eine ELWMS im Krankenhaus? Oder sollten wir uns nicht lieber damit abfinden, dass es ein kleines, agiles System geben sollte, das vielleicht nur Eier legt oder Wolle produziert – aber dafür eben perfekt und ohne Absturz? Vielleicht besteht der wahre Fortschritt darin, dass wir nicht nach der „eierlegenden Wollmilchsau“ suchen, sondern nach einem netten, nützlichen Huhn. Oder einem geselligen Schwein.